Nachdem der Schock über dieses furchtbare Attentat von zwei Brüdern auf die Redaktion einer französischen Satirezeitung nun langsam abgeklungen ist – und die Medien daraus keinen Saft mehr ziehen können (vgl. Tuğçe Albayrak), widmet man sich nun langsam wieder den innenpolitischen Themen zu.
Und was liegt da im aktuellen Kontext unserer Zeit näher, als sich mit diesen „nicht hilfreichen“ Nazis zu beschäftigen, die sich laut unseren Politikern aus Arbeitslosen, Abgehängten, „Islamhassern“ und sonstwas für nationalistischen Volldeppen vorgeblich zusammen zu setzen scheinen:
PEGIDA
Endlich wieder ein Thema – und das auch noch montäglich wiederaufbereitbar. Und auch unsere Politiker liefern munter mit. Sei es nun Gauck mit seiner pastoralen Weihnachtspredigt, einem Justizminister Maas, welcher sich vor Flaggen der Antifa (mit erschreckendem Video) filmen lässt – oder Angela Merkel bei ihrer Neujahrsansprache an die ‚Lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger‘:
O-Ton: „Zu oft sind Vorurteile, ist Kälte, ja, sogar Hass in deren Herzen!“
Nun gut, wenn die Bundeskanzlerin und ihr willfähriger Gehilfe Maas (welcher eilfertig an Quotengesetz-Regelungen für Familienministerin Schwesig arbeitet) sowas sagen, dann muss das doch die alternativlose Wahrheit sein. Wirklich? Na klar ist das so, meinen jedenfalls unsere:
MEDIEN
Obwohl man doch so auf die Meinungsfreiheit der Presse pocht und sich im moralischen Elfenbeinturm wähnt, ist man sich nicht zu schade, auf den größten Gossen-Jargon zurückzugreifen, nach dem der jeweilige Autor sich berufen zu scheinen fühlt. Dies wohl auch vor dem Hintergrund, dass „Lügenpresse“ nun als Unwort des Jahres nominiert wurde. Zur Erinnerung:
Im vergangenen Jahr war es das s.g. „Opfer-Abo“.
Der Blogger „SalvaVenia“ analysierte dieser Tage, wie ein Niederschreiben durch die Realität konterkariert wird – und was es mit der Pressefreiheit so auf sich hat:
… deutscher Städte Wirklichkeit
Wurde da nicht wochenlang gepredigt und gesermont – den ganzen lieben, langen Tag hinunter und das tagaus, tagein – was unter dem Namen von Pegida für verblendete Menschen den gesellschaftlichen Frieden der Republik bedrohen würden?
Als das doch alles Nazis wären, AfD- und NPD-Mitglieder, Arbeitslose, verbitterte Rentner, Analphabeten, Islamophobe, überhaupt Looser, Fremdenfeindliche, Erzkatholiken sowie Glatzen- und Kampfstiefelträger und so weiter und so fort. Das Stereotyp jener Sorte Mensch also, für die „man“ kein Verständnis haben darf, Untermenschen eben respektive und in summa summarum unbedingt „Mischpoke“, wie sich die selbsternannten Herrenreiter der Politik wie ein Herr Özdemir[1] nicht schämen tun zu titulieren.
Doch das – das alles war gestern.
Denn heute wissen wir etwas anderes.
Was ist geschehen?
Nun, die Technische Universität (TU) Dresden wollte einfach mal genauer wissen, was das eigentlich für Menschen sind, die da so an Pegida-Demonstrationen teilnehmen, und ist im Verlaufe der Befragung über Verblüffendes gestolpert.
Alles Lug und Trug? Offenbar ja, denn das „Verblüffende“ ist offenbar Folgendes:
- „Der Protest wird keineswegs von Rentnern und Arbeitslosen getragen – 70 Prozent der befragten Demonstrationsteilnehmer stehen im Beruf.
- Die befragten Teilnehmer der Demonstrationen gegen die „Islamisierung des Abendlandes“ sind nur zu knapp einem Viertel durch „Islam, Islamismus oder Islamisierung“ motiviert.
- Das Hauptmotiv für die Teilnahme an Pegida-Demonstrationen ist eine generelle „Unzufriedenheit mit der Politik“. An zweiter Stelle wird die Kritik an Medien und Öffentlichkeit genannt; an dritter Stelle folgen grundlegende Ressentiments gegenüber Zuwanderern und Asylbewerbern.
- In den Befragungen kommt die Wahrnehmung einer tiefen Kluft zum Ausdruck: zwischen den Massenmedien, der veröffentlichten Meinung und der etablierten Politik auf der einen Seite und den Problemen des Bürgers und dem „Willen des Volkes“ auf der anderen Seite.
Daraus läßt sich schließen: Auch wenn sich Pegida dem Namen nach gegen die Islamisierung des Abendlandes wendet, sind die Kundgebungen für die Mehrheit der Teilnehmer in erster Linie eine Möglichkeit, tief empfundene, bisher nicht öffentlich artikulierte Ressentiments gegenüber politischer und meinungsbildender Elite zum Ausdruck zu bringen.“
Und was passiert – die Medien rudern zurück, stellen aber gleichzeitig die Signifikanz der Erhebung in Frage. Etwas, was sie weder bei Bertelsmann-Studien oder Pamphleten einer Heinrich-Böll-Stiftung tun würden, wenn es denn passt!
„Hadmut Danisch“ klärte daher diesbezüglich auf seiner Seite neulich zum Thema Statistiken und Validität auf:
„Um eine andere Aussage zu falsifizieren, um ein Gegenbeispiel zu bringen, ist eine viel geringere Stichprobe nötig, als zur Verifikation einer Initialbehauptung. (Extrembeispiel Mathematik: Die Behauptung „Für alle x“ widerlegt man mit „Es gibt ein x, für das das nicht gilt.) Oder allgemein gesagt: Für das Verifizieren und für das Falsifizieren sind unterschiedliche Beweisarten und unterschiedliche Gesamtheiten, Stichproben usw. nötig.
Ein Beispiel: A sagt, dies sei ein großer Korb voller Erdbeeren. B sagt, bei einer Stichprobe von 10 Früchten aus dem Korb stellten sich 5 als Äpfel und 2 als Bananen heraus.
Die Stichprobe von B trägt nicht die Behauptung, dass es ein Korb voller Äpfel oder voller Bananen wäre. Aber sie genügt, um die Aussage von A als unrichtig zu überführen.“
Im stark vereinfachtem Klartext: Die Menschen werden von vorn bis hinten manipuliert und eine Lüge kann nicht stimmen, wenn eine Stichprobe das Gegenteil ergibt. Oder noch platter: PEGIDA ist kein Haufen tumber Nazis, nur weil Medien und Politik dieses behaupten. Gleiches gilt wohl auch für die AfD und dem, was man dieser Partei zuweist.
MEINUNGSMACHE
Jeder, der bei MannDat, Agens e.V. oder als Männerrechtler engagiert ist, wird das wohl kennen. Alles *mimimi* und ein Bad in Männertränen.
Die Argumente werden übergangen, (nicht nur) emotional abgewertet und negativ pauschalisiert. Ob es nun um die „Islamhasser“ geht oder eine „Frauenquote“; das Muster ist immer dasselbe. Den ideologischen Gegner niederschreiben oder ihn zumindestens als jämmerliches Elend darzustellen zu versuchen.
Man braucht nur die Analogien zu vergleichen, wenn z.B. MannDat sagt „Was wir wollen“ und damit jahrelang ignoriert wird. Nun setze man dieses in einen Kontext zu dem Positionsparier der Pegida; nur eine Meta-Ebene höher. Die Vorgehensweisen von Medien und Politik sind analog dazu: Ignoranz oder Abwertung – und keinesfalls einen Diskurs über den Inhalt anzufangen, geschweige denn, diesen öffentlich zu führen.
Wir sind das Volk?
Nachtrag: Roland Tichy zur gestrigen Jauch-Pegida-Sendung
mit Kathrin Oertel und das Medienecho: „Der Teufel ist blond„
Und Bettina Röhl erklärt die Vogelfreiheit der Pegida (S. 3)
in ihrem lesenswerten Artikel: „Wer profitiert von Gewalt„
Jens Berger von den „Nachdenkseiten“ zeigt ein Interview
mit Medienkritiker Walter van Rossum zur „Lügenpresse„:
“Mich fasziniert geradezu, wie der selbsternannte Qualitätsjournalismus aktuell schier unirritierbar im Rudel und mit großer Geschwindigkeit Richtung Abgrund prescht.
[..] Ich fürchte, die Zentralorgane jenes Journalismus haben ihre beste Zeit inzwischen lange hinter sich. Die eine oder andere Marke mag noch eine Weile bestehen bleiben, aber sie wird nichts mehr zu tun haben mit dem, wofür der Name einmal stand.”
Bettina Röhls Einschätzung über die „NoPegida“ Studie:
„Die Göttinger Studie ist ein großer Blödsinn. Natürlich haben die emsigen Interviewer des Göttinger Instituts vergessen Gauck, Merkel, Gabriel, Heiko Maas, Thomas Oppermann, Ralf Jäger, Ministerpräsidenten, Minister, Oberbürgermeister und den Rest der antipedigistischen politischen Nomenklatura, der Kirchen-Gewerkschafts- und Medienfürsten sowie sonstigen Promis zu befragen.
[..]Nicht Steuern zahlende junge Damen, kinderlos, wie man hört, mögen schon Lust haben sich … auf der Straße wichtig zu tun. Eine derartige Wichtigtuerei aber als eine eigene NoPegida genannte Bewegung ganz artifiziell zu etablieren … ist im real existierenden politisch-soziologischen Kontext schon eine populistische Sauerei.
[..]Die No-Pegida-Anhänger sind konformistische, mainstreamige Mitläufer der großen No-Pegida-Bewegung im Land“
Geschlechterallerlei (Autor Gerhard) zum Thema: „Maskutrolle und die Lügenpresse“
„Lügenpresse. Ich mag die Bewegung nicht so gerne, die dieses Wort ständig anführt. Ich mag aber auch diese Entrüstung nicht, mit der sich der sogenannte Qualitätsjournalismus empört, anstatt angesichts der massiven Kritik mal in sich zu gehen und sich zu überlegen, was an der Kritik vielleicht berechtigt ist.
Auch die Maskutrollhorden sind ja ein ganz massives Problem. Milliarden freundliche und zurückhaltende Frauen fühlen sich unwillkommen und verzichten auf ihre Meinungsäußerung, und deshalb erscheint eine Einschränkung der Meinungsfreiheit opportun um die Meinungsfreiheit zu erhalten.“
Michael Klein: „Critical Science“ mit einer kritischen Antwort zur Bundesregierung
„Bislang ist uns keine Kleine Anfrage bekannt, in der sich eine im Bundestag vertretene Fraktion danach erkundigt, ob die Gegendemonstrationen gegen PEGIDA, LEGIDA und sonstige GIDAs linksextrem unterwandert oder ob die entsprechenden Gegendemonstrationen von Linksextremen geplant und organisiert wurden. Auch kennen wir keine Kleine Anfrage im Bundestag, in der nach den Straftaten gefragt wird, die Gegendemonstranten begangen haben. Aber das kommt sicher noch, schließlich leben wir in einem Rechtsstaat – oder?“
Cyrus V. Miller: „Betrachtungen zu Pegida, totalitärem Staat, Einheitsmenschen, …“
Henrik sagte:
Man muss schon unterscheiden zwischen Pegida in Dresden oder z.b. Berlin (Bärgida). Es kann sich auf jeden Fall in Berlin kein Etablierter leisten dort mitzulaufen. Das Verhältnis Demonstranten „Presse“ beläuft sich in Berlin auf ca. 30:1, so dass jeder der mitläuft auch fotografiert wird und in den Medien erscheinen könnte. Wer da mitläuft ist gesellschaftlich in Berlin erledigt.Da liegt es auf der Hand, dass dort fast nur Leute mitlaufen, welche nichts zu verlieren haben. In Dresden sieht die Sache schon etwas anders aus.
Von der Gefahr durch die Linksextremisten ganz abgesehen.
Matze sagte:
Passt zwar nicht ganz aber irgendwie doch zur Rolle der Medien
Christine sagte:
PEGIDA ist out – Endgame ist in.
ENDGAME = Engagierte Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas
Das dazu gehörige Video von dem Franzosen Stephane Simon, der auch auf der Pegida gesprochen hat, aber das Thema Islamisierung nicht so dolle fand.
SalvaVenia sagte:
Sehr schön zusammengefaßt. Bitte ausdrucken, an die Wand pinnen und mindestens einmal pro Woche durchlesen … :)
Herzliche Grüße,
Der Salva
emannzer sagte:
„Die Polizei hat alle Versammlungen in Dresden für Montag untersagt. Pegida-Mitorganisator Lutz Bachmann soll Morddrohungen von IS-Terroristen erhalten haben.“
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-01/dresden-pegida-demonstration-montag-abgesagt
„Der Polizei zufolge wurden Attentäter aufgerufen, sich unter die Pegida-Demonstranten zu mischen, „um zeitnah einen Mord an einer Einzelperson des Organisationsteams“ zu begehen.
In einem Aufruf werde die Kundgebung als „Feindin des Islam“ bezeichnet. „In Anbetracht der unmittelbaren Gefährdung von Leib und Leben einer Vielzahl von Personen ist die Beschränkung des Versammlungsrechts auch unter Berücksichtigung des hohen Stellenwerts des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit nicht nur erforderlich, sondern auch verhältnismäßig“, so die Polizei.“
Soviel zur Meinungsfreiheit und dem Demonstationsrecht:
„… Es ist eine unheilige Allianz aus Linksextremisten, Islamisten und einem Staat, der seine eigenen Bürger verachtet.
Die Jagd wurde schon vor Wochen eröffnet. Pegida-Anhänger seien „Aufwiegler“, „Nazis in Nadelstreifen“, „Rechtsextremisten“ und „Volksverhetzer“, tönte es aus dem Bundestag. Viele Medien überboten sich dabei, der politischen Elite eifrig Schützenhilfe gegen die unbequemen Kundgebungen zu geben. Sie haben den Pegida-Demonstranten die Zielscheibe aufgemalt, die nun im Visier der Islamisten auftaucht. Was für eine Ironie: Eine Kundgebung gegen die Islamisierung muß nach Drohungen radikaler Moslems abgesagt werden.“
http://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2015/eine-schande-fuer-deutschland/
„.. Ob sich Justizminister Heiko Maas (SPD) nun wohl auch vor die Presse stellen wird und die erzwungene Pegida-Absage als „Schande für Deutschland“ bezeichnet? Ob Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nun das Recht auf Demonstrationsfreiheit verteidigt? Ob Bundespräsident Joachim Gauck in Dresden nun eine tränenreiche Rede über unsere Freiheit halten wird?“
Nun darf man gespannt sein, wie die Medien in den nächsten Tagen darauf reagieren. Eine optimistische Betrachtung wäre, wenn sie für diese Demos einspringen würden – wo die Presse doch selbst so auf ihre -Freiheit pocht. Ich bin da aber eher skeptisch.
„Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“ (Voltaire)
Graublau sagte:
Die wohl umfangreichste Kritik zur Umfrage habe ich bei Christian Reinboth gelesen. Zum Umgang mit Pegida fand ich den Beitrag auf Mein Senf erhellend.
emannzer sagte:
Danke für deine Links und die Infos. Ich denke, man sollte alle Betrachtungen auch in die Beurteilung (nicht Bewertung) mit einbeziehen.
Um es an dieser Stelle klar zu stellen: Mit ging es im Artikel nicht um ein Pro oder Contra für oder gegen Pegida, sondern um die Art und Weise, wie Politik, Medien und Interessensverbände damit umgehen.
Und die Art und Weise einer Ignoranz gegenüber ‚Hilferufen‘, über die man sich entweder verächtlich äußert, oder diese stigmatisiert bzw. kriminalisiert.
Die Analogie zu Männer- und Väterrechtlern ist frappierend und das Grundmuster läuft unisono ab – wie ein gut geschmiertes Getriebe.
PS: Übrigens habe ich mir mal die Bürsten meiner Zahnbürste unter die Nase gehalten und auf einer Party „Schtonk“ gesagt …
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