Nein, nicht wegen der Todesstrafe an sich (gegen die ich übrigens auch bin), sondern weil es diesmal eine -vermeintlich unschuldige- Frau getroffen hat.

In so ziemlich jedem Medium vom „Focus“ über den „Spiegel“ bis hin zur „Zeit“ wurde dieses nun thematisiert und skandalisiert:

Trotz nationaler und internationaler Proteste sowie einer Intervention von Präsident Hassan Rowhani hat die iranische Justiz am Samstag die 26-jährige Reyhaneh Jabbari exekutiert. Sie war 2009 von einem Teheraner Gericht wegen Mordes an dem 47-jährigen Arzt und früheren Geheimdienstmitarbeiter Morteza Abdolali Sarbandi zum Tode verurteilt worden. Der Fall hatte monatelang für ein weltweit Aufsehen gesorgt.

Angeblich habe sie doch nur in Notwehr gehandelt, da sie sich ja mit einem ‚Taschenmesser‘ lediglich gegen eine versuchte Vergewaltigung gewehrt habe
-und nun dafür hingerichtet wurde.

Das die Situation eine ganz andere war und zumindest in Deutschland falsch darüber berichtet wurde, diese Aufklärung darüber, ist unter anderem dem „FemokratieBlog“ zu verdanken:

Die Hinrichtung der Reyhaneh Jabbari

Der Blog “Mein Parteibuch Zweitblog” hat sich des Falles angenommen und schreibt sinngemäß, dass sich jeder innerhalb kürzester Zeit über die wahren Umstände hätte informieren können, zumindest in der englischsprachigen Wikipedia wäre man fündig geworden. Der Ablauf in deutscher Sprache:

Und so soll der Tathergang tatsächlich gewesen sein:

  • drei Tage vor der Tat schickte Reyhaneh Jabbari ihrer Freundin eine SMS mit dem Inhalt: “Ich denke, heute werde ich ihn umbringen”
  • zwei Tage vor der Tat kaufte Reyhaneh Jabbari sich das Messer, mit dem sie auf Morteza Abdolali Sarbandi eingestochen hat
  • nachdem sie auf Morteza Abdolali Sarbandi eingestochen hat, flüchtete sie, ohne einen Krankenwagen oder die Polizei zu rufen
  • die Polizei identifizierte sie aufgrund dessen, dass der letzte Telefonanruf von Morteza Abdolali Sarbandi zu ihr ging, als Verdächtige, und fand bei einer Hausdurchsuchung bei ihr ihr blutbespritztes Kopftuch, das blutverschmierte Tatmesser und die Verkaufsverpackung des Tatmessers
  • nachdem die Polizei das herausgefunden hatte, gab Reyhaneh Jabbari zu, am Tatort gewesen zu sein, auf Morteza Abdolali Sarbandi eingestochen zu haben und anschließend geflüchtet zu sein, und erklärte dazu weiter, sie habe Morteza Abdolali Sarbandi drei Tage zuvor in einem Eiscafe kennengelernt, wo sie ihm ihre Telefonnummer zur Anbahnung eines Auftrages als Raumdesignerin gegeben habe, zur Besprechung des möglichen Auftrages sei sie dann am Tattag mit Morteza Abdolali Sarbandi in seine Räume gegangen, dort habe sie auf ihn eingestochen, um einer Vergewaltigung zu entgehen, aber ihr Stich sei nicht tödlich gewesen. Die tödlichen Verletzung habe offenbar ein ihr nicht bekannter Freund des Opfers ausgeführt, der sich mit ihnen in den Räumen aufgehalten habe. Später gab sie an, sich die Geschichte mit dem zweiten Mann ausgedacht zu haben, um zu verschleiern, dass sie dem Opfer die tödliche Verletzung beigebracht hat.

Im in der Wikipedia verlinkten Statement der Anklage selbst findet sich auch noch die Feststellung, dass die Justiz es für wesentlich gehalten hat, dass der Stich mit großer Wucht von hinten ausgeführt wurde, was einen zum exakten Tatzeitpunkt unmittelbar erfolgten körperlichen Angriff auf Reyhaneh Jabbari ausschließt. Sie befand sich bei der Tat hinter dem Mann und hat ihm das Messer von hinten in den Rücken gerammt.

Quelle (im Original, das deutsche Wikipedia verschweigt es)

Bedenkt man noch, dass dieses ‚Taschenmesser‘ eine Klingenlänge von 16-20cm hatte, also die Maße eines Metzger- oder Schinkenmessers, dann stellt sich das ganze als wesentlich anders dar, als es unser ‚Qualitätsjournalimus‘ vor einigen Tagen berichtete.

Das im Iran fast täglich Männer gehenkt werden (man zieht sie öffentlich und langsam mit dem Kran hoch), darüber wird nie berichtet, außer wenn es einen homosexuellen Hintergrund hat und damit ins politisch korrekte Bild passt.

Wie unsere Presse arbeitet, wurde ja bereits in einem Artikel über Giselher Suhrs Beitrag zum „letzten Gefecht“ beschrieben. Und mich verwundert nicht, wenn sich der ehemalige Chefredakteur der Wirtschaftswoche (WiWo), Roland Tichy über die aktuelle Situation der Medien so äußert.

Seine Überschrift: „Presse: Erst schrumpft das Hirn, dann der Umsatz, dann wieder das Hirn“

Hauptsache, es sind nur ja keine Frauen (besonders) betroffen.
Da kann man schon ins Grübeln kommen:  ‚Was zum Henker …‘


PS: Eine erschreckende Zusammenstellung, wie die Medien belügen und Meinungen manipulieren, sowie die Leser desinformieren findet man aktuell (August 2015) beim Blog „nachrichtenaushinterland“ in diesem Artikel.