Vor einigen Wochen habe ich auf einen s.g. Shitstorm in den Medien (Youtube und Facebook) zum Thema Beiersdorf hingewiesen. Hintergrund waren u.a. die Spots von Nivea über „Stress-Protect“, „Weihnachten“ mit nicht vorhandenen Vätern und so weiter.
Speziell die Werbung zur Weihnachtszeit brachte die Zielgruppe Mann (und nicht nur die) massiv gegen Beiersdorf auf. Dies nicht nur in Deutschland, sondern der Protest weitete sich bis hin nach Australien aus, konzentrierte sich dort aber mehr auf die unsägliche Deo-Reklame. Die Details und weiterführende Links findet man übrigens im obigen und eingangs erwähnten Link.
Das ganze ging nicht spurlos am Konzern vorbei, sondern hat vermutlich einen enormen Wirbel intern verursacht. Schlussendlich traf man sich dann auch mit den Verfassern eines offenen Briefes und gelobte Besserung bzw. eine Wiedergutmachung. Allein das zeigt wohl schon, wie tief dieser Stachel gesessen haben muss und das intern die Luft gebrannt haben dürfte. Eine Zusammenfassung des Hintergrundes und eines Treffens von Männer- bzw. Väterrechtlern mit Nivea findet man auch hier:
Nivea lässt Väter jetzt nicht mehr außen vor
Es scheint sich langsam herum zu sprechen, dass erstens auch Männer/Väter in der Lage sind sachlich für ihre Rechte und die ihrer Kinder einzutreten und dass zweitens der Zeitgeist, diese in der Werbung als Deppen darzustellen, kontraproduktiv für die eigene Marke und die den Verkauf der eigenen Produkte zu sein scheint.
Nachdem NIVEA meinte, in der weihnachtlichen Werbezeit einen „Familien“spot zeigen zu müssen, in dem das Kind noch nicht einmal zu Weihnachten seinen fehlenden Vater zu vermissen schien, gab es umfangreichen öffentlichen Protest (s.a. folgenden Text von Anfang Januar), der schließlich in einer Petition gegen den Spot mündete.
Infolge des Umfangs der Unterzeichner der Petition und des hohen Anteils kritischer YouTube-Kommentare erklärte sich die Beiersdorf AG bereit, ein Treffen mit den Initiatoren der Petition zu vereinbaren. In dem Treffen zeigte man sich von Seiten des Unternehmens einiger Maßen betroffen und gelobte eine veränderte Kundenansprache (das Protokoll des Treffens findet sich hier).
3 Monate später ist es nun soweit. Beiersdorf hat Wort gehalten und einen Werbe-Spot herausgebracht, der die Rolle des Vaters in ausgewogener Art darstellt, ohne gleich wieder in diskriminierende Stereotype zu verfallen …
Ich gebe gerne zu, dass sie es tatsächlich taten und Wort hielten. Bevor ich aber zum Video komme, ein paar Dinge und ein Dank vorab: Viele fühlen sich hilflos, wenn sie so etwas ertragen müssen, was in der Vergangenheit lief (ich denke da u.a. an Werbung, die aus Männern Volltrottel machen wollte). Manche denken, sie können ja sowieso nichts machen und ihre Stimme zählt doch eh nicht. Falsch, denke ich.
Solange man meint, alleine zu sein, solange man sich nicht traut seine eigene Meinung kund zu tun, solange werden solche Dinge, wie u.a. ein Familienrecht und begleitendes Advertising unwidersprochen bleiben. Aber wenn man sich denn zusammenfindet, Ressentiments mal außen vor lässt – um eine Schwarmintelligenz zu bilden bzw. in eine gemeinsame Richtung zu argumentieren, dann passiert auch etwas.
Aktion und Reaktion sozusagen. Und an dieser Stelle meine Kompliment an alle, die dort mitmachten, um eine höfliche, freundliche und dennoch bestimmte Gegenwehr zu artikulieren. Dieser Dank gilt allen Kommentatoren bei Youtube, jedem Responder bei Facebook, allen Foristen die es mittrugen, sämtlichen Kommentatoren in unseren Medien, die darauf hinwiesen und weiter verbreiteten, den vielen Bloggern, welche das Thema aufgriffen und insbesondere auch den Verfassern des Offenen Briefs an Beiersdorf.
Protest hilft!
Und nun, in wenigen Tagen ist ja Vatertag:
(Nachtrag 2018: Das Video mit Papa zu Weihnachten ist spurlos verschwunden und auch in anderen Sprachen nicht mehr auffindbar. Das heißt, dass Beiersdorf hier un- oder bewusst die Männer eventuell neppt! Um zumindest den Vatertagsspot noch zu retten, ist obenstehend die russische Variant platziert.
Warnung vorab: Wenn dieses Video selbst bei Menschen in intakten Familien, oder Vätern mit kontinuierlichem Umgang, schon glasige Augen verursacht, dann möchte ich nicht wissen, was dieses bei bewusst „entsorgten Vätern“ für Reaktionen verursachen kann. Beiersdorf und die Werbeagentur haben sich in der Tat sehr viel Mühe gegeben, ihr gegebenes Versprechen zu halten
– und das meine ich weder ironisch noch zynisch.
Vielleicht hilft das dem einen oder anderen,
doch mal seinen Mund aufzumachen.
Nur Mut.
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‚Sidekick‘: „man tau“ macht beispielsweise den Mund auf:
„Paddeln im Sumpf der Väterfeindschaft„
Nachtrag. „Geschlechterallerlei“ griff das Thema auch auf:
„Es geht auch anders„
Ich möchte unterstellen, dass Beiersdorf tatsächlich nie bewusst daran dachte, in irgendeinem Werbespot Väter zu diskreditieren, zu umgehen oder sonstwie auszugrenzen. Sie waren einfach nur etwas schusselig und ja, vielleicht sind sie einfach nur damals auf der Patchworkkrempel-Müll-Welle herum geritten, weil es alle so tun.
Wir bekommen „neue Familienmodelle“ ideologisch übergestülpt und als den neuen Stein der Weisen des gesellschaftlichen Zusammenlebens regelrecht verkauft und merken nicht die Manipulation der Verkäufer.
Warum sollte es einem Unternehmen nicht genauso ergehen? Ich behaupte, die Beiersdorf Leute waren damals bei den Protesten sehr überrascht und überrumpelt und haben souverän, ja geschäftsmännisch, reagiert. Mussten sie auch. Und die Kritik war gerechtfertigt!
Schön ist es, dass überhaupt Reaktionen stattfinden.
Viel schlimmer sind die Relativierungen, die ich soeben erst wieder neu im Internet fand, die zwischen der Diskriminierung von Männern und Vätern im Gegenzug zu den Diskriminierungen von Müttern und Frauen, gemacht werden.
Eine englische Väterbewegung hat in der Öffentlichkeit ein Video mit versteckter Kamera gedreht, dass derzeit auf Facebook zu sehen ist und sogar gerade auf web.de
Als der Mann die Frau bedrängt, kommen (meist weibliche) Passanten zur Hilfe,
Als die Frau dies in gleicher Art und Weise mit dem Mann macht, lachen die Passanten (Männer UND Frauen) und gehen weiter.
Man wollte mit diesem Video auf Gewalt auch an Männern aufmerksam machen.
Der Web.de Kommentator des Videos hatte dann eiligst am Ende des Filmchens zu beteuern, dass man sich zwar über solche Vorgänge Gedanken machen müsse, aber die Gleichwertigkeit im Ausmaß hier nicht direkt unterschreiben könne, denn schließlich seien fünfmal mehr Frauen von Vergewaltigungen betroffen als Männer!
Man könnte geneigt sein zu KOTZEN! Es ging um Schläge, Gewalt und körperliche Aggression (von Vergewaltigung war nicht die Rede) und der web.de Reporter hat nichts anderes zu tun als Schwuppdiwupp einen Trumpf aus der Tasche zu ziehen! „Ähm, ja aber die Frauen werden mehr vergewaltigt!“ Aha. Naja, wie das bei Männern dann gehen soll, kann uns bestimmt der web.de Reporter auch beschreiben.
Schöner Kommentar, Andreas
Ja du hast in (fast) allem recht. Auch ich unterstelle Beiersdorf keine persönliche Attitüde. Aber ein Konzern, welcher sich eine Frau im Vorstand als ‚Beauftragte‚ für „Corporate Social Responsibily“ leistet, der sollte sich dieser vorgeblich angegebenen „sozialen Verantwortung“ auch bewusst sein. Insofern werfe ich, denk ich mal, keinen Stein in einem Glashaus.
Aber immerhin: sie haben die Scharte halbwegs ausgewetzt. Man darf gespannt in die Zukunft schauen: denn es wird spannend sein zu sehen, ob Beiersdorf den Sprung geschafft hat – bzw. wie diese unselige Versicherungsreklame zu „wenn Papi mal tot ist, kauf‘ ich mir einen Ponyhof“ indirekt ihre Fortsetzung findet. Aktuell scheinen sie in der Pflicht zu sein und ich hoffe, es bleibt nicht dabei, endlich(!) einmal positiv über Männer zu bewerben.
Zum Vergessen:
– Frau schlägt Mann mit Otto-Katalog nieder (Otto Versand)
– Wenn Papa tot ist kauf ich mir ’nen Ponyhof (Cosmos)
– Scheuermittelvergleich mit Dreitagebart (Reinigungsmittel)
– „Männer sind zum Rumtrampeln da“ (Werbung zu Parkettböden)
– „Magic-(irgendein Trottel)“ (Reklame für Reiseveranstalter)
– Doofer Anleger mit oberkluger Frau (Sparkasse)
Und so weiter oder bekanntermaßen fort. Sollte Beiersdorf hier kein „One-Hit-Wonder“ gelandet haben, dann wäre das zu begrüßen. Noch bin ich allerdings misstrauisch diesbezüglich.
Was jetzt noch eine Steigerung wäre: Wenn Nivea auch Mann und Frau verstärkt als Team und Einheit in Beziehung / Ehe unterbringen würde, vielleicht zusammen mit dem Kind.
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